Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in den kommenden Wochen und Monaten?
Winkenstette: In der Presse ist derzeit zu lesen „Zombiefirmen gefährden gesunde Unternehmen“, „Arbeitsagentur wappnet sich für Pleitewelle“ oder „Im Herbst kommt die Pleitewelle“. Diese Firmen zu erkennen und zu sanieren, sehe ich als eine wesentliche Herausforderung für die nächsten Wochen und Monate an. Auf der anderen Seite müssen wir die aufsichtsrechtlichen Themen, wie Erlösquotensammlung, Verlustdatensammlung und NPL Backstop in die Praxis transferieren. Auch Themen wie die Schweinepest, Nachhaltigkeitsfaktoren und deren Auswirkungen auf unsere Kunden müssen wir im Auge behalten.
Warum ist es wichtig, gerade jetzt zu handeln?
Winkenstette: Durch die Corona-Hilfskredite, die Kreditmoratorien sowie die ausgesetzten Insolvenzregelungen ist die Identifikation von möglichen Problemkrediten derzeit deutlich erschwert. Wir werden die Unternehmen stützen, die eine gute Perspektive haben. Wir müssen in der nächsten Zeit mehr denn je den Spagat hinbekommen, auf der einen Seite die Unternehmen unserer Region zu unterstützen und auf der anderen Seite Ausfälle zu minimieren. Durch die steigenden regulatorischen Anforderungen oder das Niedrigzinsniveau, müssen wir effizienter werden, um auch weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können. Ich bin davon überzeugt, wenn wir jetzt abwarten, reagieren wir zukünftig, wenn wir aber jetzt handeln, agieren wir auch in Zukunft erfolgreich.

Was haben Sie mit Ihrer Bank konkret getan?
Winkenstette: Wir haben unsere Firmenkundenbetreuer sensibilisiert und ihnen nochmals vor Augen geführt, wie aktuell eine Schieflage im Unternehmen zu erkennen ist. Im Bereich der Risikofrüherkennung finden wir immer wieder neue, zum Teil auch kreative Anhaltspunkte, um wirtschaftlich auffällige Unternehmen zu identifizieren. Diese werden dann konsequent in die Intensiv- oder Problemkreditbetreuung überführt. Im Bereich Abwicklung bereiten wir uns auf den „Ansturm“ vor. Wir haben unsere Prozesse erneut überprüft, versuchen noch effizienter die Fälle abzuwickeln, damit wir der befürchteten „Pleitewelle“ und den regulatorischen Anforderungen mit dem vorhandenen Personal entgegentreten können.
Welche Rollen spielen Weiterbildung und Qualifikation?
Winkenstette: Wir leben in einem sehr schnelllebigen Umfeld, immer wieder ändern sich Rahmenbedingungen, das Marktumfeld verändert sich, eine Pandemie hat ein Land im Griff. Hier sind Qualifikation und Weiterbildung sowohl von Führungskräften, als auch von Mitarbeitern besonders wichtig. Veränderungsbereitschaft ist in diesen Zeiten ein hohes Gut. Die Führungskräfte sollten aus meiner Sicht die Mitarbeiter fördern und auf dem Weg aktiv mitnehmen, um so die Zukunft gemeinsam mit den Mitarbeitern zu gestalten. Dazu ist ein modernes Führungsverständnis und zum anderen ein hohes Maß an eigener Veränderungsbereitschaft notwendig. Führungskräfte sollten auf das fachspezifische Know-how der Mitarbeiter vertrauen, das immer auf dem aktuellen Stand sein muss. Neben dem aktuellen, grundlegenden Know-how, ist es wichtig, dass sie das gesamtheitliche Konzept während des Prozesses im Auge behalten und sich somit auf die Steuerung des Prozesses konzentrieren.
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